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Mittwoch, 6. Januar 2016

Kunstblogs liest doch eh keiner!

Eigentlich ist mein Blog photopraline ein Fotoblog. Da ich aber Kunstgeschichte studiere, schreibe ich in letzter Zeit auch immer wieder über Kunst, beziehungsweise Ausstellungen und Events. Die Texte auf meinem Blog sind immer kurz und einfach gehalten (mein Blog ist schließlich kein wissenschaftlicher Aufsatz) und jeder Beitrag ist begleitet von viel Bildmaterial. Als ich meinen Blog 2014 gestartet habe, wollte ich auf keinen Fall über Kunst schreiben.  Wer liest das denn überhaupt? Da ich aber immer auf verschiedenen Events war, zückte ich doch die Kamera und fotografierte für meine Beiträge.
Im Rückblick aufs Jahr 2015 zeichnet sich ein Bild meines Blogs, mit dem ich selbst nicht gerechnet hätte. Auf Platz 1 meiner Blogposts ist ein Review von der Stroke, eine Urbanart Ausstellung in München, auf Platz 2 erscheint die Jahresausstellung in der Akademie der bildenden Künste. 
Warum haben so viele Leute diese Beiträge gelesen?
Zum einen, wurde der Strokebereicht 175 Mal auf Facebook geteilt. Ein enormer Multiplikator, der für meinen Blog sehr wichtig ist. Die Jahresausstellung wurde zwar nicht geteilt, trotz dessen lasen 874 Leute diesen Blogpost.

Zum anderen sind diese Themen Nischenthemen. Es wird wenig darüber berichtet, obwohl viele Besucher dort waren. Große Fotostrecken gab es, soweit ich gesehen habe, überhaupt nicht. Sieht man sich den Rest der meistgelesenen Artikel an, ist nicht zu übersehen, dass Kunstthemen bei meinen Lesern besonders beliebt waren.

Mein erster Gedanke, dass Leute keine Blogposts über Kunst lesen wollen, hat sich als falsch herausgestellt.
Letztes Jahr war ich in einem Seminar über Museum und Internet. Die Dozenten kündigten uns prophetisch den Einzug der Blogger in den Kunstjournalismus an. Wir Studenten waren noch nicht wirklich davon überzeugt. Schließlich ist die Kunstwelt eine traditionelle, die sich nur langsam verändert und meist in ihren Strukturen verharrt. So sind zum Beispiel Tweetups und Instawalks bei einigen Institutionen erst jetzt angekommen, in der Community fast schon wieder out. Ein heißes Thema unter Kulturbloggern sind Blogger Relations. Der Ärger über die Zusammenarbeit mit diversen Musseen wird zwischen den Zeilen immer deutlicher erkennbar. Institutionen schreiben Blogger falsch an,  es herrscht ein Fotoverbot, oder sie veranstalten ihre Events zu Zeiten an denen Berufstätige (und die meisten Blogger im Kulturbereich verdienen ihr Geld eben nicht mit dem Bloggen) arbeiten. 



Verschiedene Museen hätten gerne Blogposts über ihre neue Ausstellung, wollen aber kein Geld dafür in die Hand nehmen. Wenn ein Post einmal wirklich #sponsored ist, liegt der Bezahlung meist unter dem Durchschnitt der Branche. Auch Galerien sehen in Bloggern oftmals eine kostenfreie Werbung. Mich selbst haben Galerien angeschrieben, ob ich über sie berichten könnte. Lobeshymnen für Galerien zu verfassen, die ich einfach nicht gut finde, mache ich nicht. Sorry. Da haben viele Institutionen das Phänomen Blogger anscheinend nicht verstanden. Dabei gibt es schon einige Posts, die gewisse Richtlinien zusammenfassen (hier z.B. von Museumsglück)
Noch einmal zurück zu meinen Dozenten (auf Twitter @cogries & @hkohle) Ihre Prophezeiung hat sich, soweit ich das beurteilen kann, noch nicht erfüllt, ich sehe aber ein großes Potenzial für Blogger. Die meist verschlafenen Strukturen im digitalen Bereich der Museen wachen langsam auf.  (Eine Umfrage von In-Arcadia-Ego hat die Bereitschaft zu Kooperationen österreichischer Museen aufgezeigt). Es gibt im Museumsbereich aber auch einige sehr positive Beispiele, die eine digitale Strategie entwickeln (Kunsthalle Karlsruhe, Albertina, Pinakotheken & Burg Posterstein) 
Allerdings agieren viele Museen noch zu langsam und wollen, oder können, meist auch kein Geld in Blogger Relations investieren, wünschen sich aber, dass diese gratis die Werbetrommel schwingen, oder sich von ihrer Arbeit frei nehmen.
Auf Grund meines eigenen Blogs kann ich sagen, dass Kunstbeiträge sehr oft angeklickt werden. Mein Blog ist vergleichsweise noch recht klein, aber ich erreiche die relevante Zielgruppe. 
Blogger haben sich vor allem in der Fashionindustrie etabliert und sind für verschiedene Firmen wichtige Werbeträger, um die gewünschte Zielgruppe über neue Produkte zu informieren. 
Warum sollte das im Museumsbereich anders sein? Blogger können über neue Ausstellungen und Projekte informieren. Ihre Authentizität und subjektive Einschätzung machen sie sympathisch und bieten einen Mehrwert in der Berichterstattung. Die Informationskultur verlagert sich zunehmend ins Digitale. Wer diesen Trend übersieht, schneidet sich nur selbst ins Bein.